Das Hotel Luise hat ein ambitioniertes Ziel, so viel steht fest. Dass sich der Betrieb mit dem Titel Deutschlands erstes klima-positives Hotel schmücken darf, reicht dem Team noch lange nicht. Die Hotellerie-begeisterten Erlanger haben sich vorgenommen, das Hotel der Kreisläufe zu werden. Schon seit Jahrzehnten wird hier nachhaltiges Wirtschaften vorangetrieben. Vergleichsweise neu ist das Kommunikationskonzept der Wall of Change: eine interaktive Installation im Hotel, die über 270 nachhaltige Maßnahmen sichtbar macht. Sie zeigt, dass jeder Schritt zählt – ob riesengroß oder klitzeklein. Das Projekt soll Gäste und Betriebe anstiften, den eigenen Weg in eine grünere Zukunft zu lenken.
Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen eines Hotels, das nicht nur an heute, sondern schon an morgen denkt. Im Interview erfahren wir vom Geschäftsführer Ben Förtsch, wie aus einer Vision ein Erfolgsmodell wurde und warum Nachhaltigkeit im Hotel Luise nicht nur ein Konzept, sondern eine Herzensangelegenheit ist. Was hat DialogShift und Digitalisierung mit all dem zu tun? Dran bleiben! 🤫
Ben, du leitest das Hotel Luise in dritter Generation, man nennt dich den Kapitän und du bist für deine unkonventionellen, aber innovativen Methoden bekannt. Eine davon ist die Wall of Change. Was hat euch zu diesem Mammutprojekt inspiriert und welches Ziel verfolgt ihr damit?
Projekte wie unsere nachwachsenden Hotelzimmer haben uns zu einem Leuchtturmbetrieb für Nachhaltigkeit in der Hotellerie gemacht, doch schon seit den 1980er Jahren stehen wir für verträgliches und ganzheitlich nachhaltiges Wirtschaften. Auf unserem Weg zum Vorzeigebetrieb haben wir viele wertvolle Erfahrungen gesammelt und uns (nicht nur) in Sachen Nachhaltigkeit stetig weiterentwickelt. Wir wollten mit der Wall of Change daher nicht nur die öffentlichkeitswirksamen Projekte veranschaulichen, sondern vor allem auch die vielen, vielen unsichtbaren Maßnahmen sichtbar machen, die uns dorthin gebracht haben, wo wir heute stehen. Wir wollen diese für andere Betriebe und Interessierte zugänglich machen, um ihnen auf ihrem eigenen Weg in eine grünere Zukunft Umwege und Fehler zu ersparen, die wir auf unserer Reise machen mussten. Wir möchten durch die Bereitstellung unseres Wissens und unserer Erfahrungen zum Nachahmen anregen. Zusätzlich soll möglichst große Transparenz bezüglich unserer Maßnahmen für unsere Gäste geschaffen werden.
Ein wesentlicher Bestandteil der Wall ist das sogenannte Cradle-to-Cradle-Prinzip, ein Nachhaltigkeitskonzept, das darauf abzielt, Produkte und Materialien in geschlossenen Kreisläufen zu halten. Wie sieht die Umsetzung im Hotel Luise aus und welche Rolle spielen Ressourcen dabei?
Unsere grundsätzliche Einstellung ist es, (materielle) Ressourcen nicht zu verbrauchen, sondern lediglich zu nutzen. Ressourcenverbrauch suggeriert eine Nutzung ohne Kreislaufgedanken. Aus diesem Grund versuchen wir, soweit technisch möglich, nur kreislauffähige Materialien einzukaufen, sowie etwaige Ressourcen zurück in den Kreislauf zu geben. Das bedeutet, ein detailliertes Recyclingkonzept zu haben und die Rückführung spezifischer Cradle-to-Cradle-Produkte für die Zukunft zu planen. Aber auch die Rückführung natürlicher Ressourcen ist für uns eine Priorität. Biologisch abbaubare Rohstoffe sollen das auch bleiben, somit hat die Sortenreinheit von Materialien einen hohen Stellenwert. Doch ebenso der Erhalt bestehender Möbel, das Reparieren von Produkten und die Umnutzung bereits bestehender Elemente spielen für uns eine wichtige Rolle in der Reduktion von Müllaufkommen. Selbstverständlich beinhaltet dieses übergeordnete Ziel auch Maßnahmen wie auf Kleinstverpackungen zu verzichten, Mehrwegkonzepte zu fördern und Materialflüsse in Gänze zu analysieren und zu optimieren. Gerne unterstützen wir auch die Mithilfe unserer Gäste und Lieferanten. Ein erster großer Schritt in diese Richtung waren zum Beispiel unsere nachwachsenden Hotelzimmer, die vollständig auf dem Cradle-to-Cradle Prinzip beruhen. Nahezu alle Bestandteile sind zu 100 Prozent biologisch abbaubar oder zu 100 Prozent recycelbar. Unter anderem findet man in den Zimmern vollständig recycelbare Teppiche aus ehemaligen Fischernetzen und Plastikflaschen. Außerdem gibt es Astronauten-Duschen von Orbital Systems, die während des Duschens das Wasser reinigen und wieder verwenden. Dadurch kann 90 Prozent Wasser und 80 Prozent Energie gespart werden. Wir setzen auch immer wieder Recycling- und Upcycling-Projekte im Hotel um. Von Deko aus recycelten Materialien, über selbstgebaute Möbel aus Restholz bis hin zu Tischen mit Tischplatten aus ehemaligen Kühlschränken.
Wie reagieren eure Gäste auf diese kreativen Ideen?
Viele Gäste wissen vor ihrem Aufenthalt gar nicht so genau, wie nachhaltig wir sind und werden vor Ort erst darauf aufmerksam, auch durch die Wall of Change. Für uns ist es immer wichtig, dass der Gast einen hohen Komfort und keine Einschränkungen hat – so wie viele denken, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Das kann besonders dazu anregen, selbst nachhaltiger zu handeln. Doch wir stellen fest, dass das Nachhaltigkeitsthema immer mehr wahrgenommen wird und Gäste genau deswegen auch zu uns kommen. Das macht uns sehr glücklich, insbesondere wenn sie nach Inspiration bei uns suchen. Wir sind davon überzeugt, dass wir nur zusammen dafür sorgen können, dass die Welt besser wird. Wir möchten mit unserem Handeln begeistern und Mitstreiter*innen finden, die mit uns die Welt retten.
Was wäre ein Beispiel für eine leicht umzusetzende Maßnahme, die jedoch einen großen Unterschied macht?
Da fallen mir zwei Maßnahmen ein. Eine, die im Hotel einen großen Unterschied macht und eine, die privat zuhause einen großen Unterschied macht. Eine unsichtbare Maßnahme, die immer einen großen Unterschied macht, ist, auf Ökostrom beim Energieanbieter umzustellen. Dadurch kann man seinen CO2-Fußabdruck deutlich verringern.
Bei uns im Hotel ist es, den Gast mit einem Lächeln zu begrüßen. So simpel das klingt, sorgt es jedoch für ein positives Grundgefühl bei unseren Gästen. Genau das möchten wir erreichen, damit unsere Gäste offen und positiv gegenüber unseren Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind und im besten Fall etwas davon mitnehmen und selbst umsetzen.
Was kann man vom Hotel Luise noch lernen?
Wir verstehen uns als Inkubator für eine zukunftsfähige Art des Wirtschaftens. Wir versuchen, Nachhaltigkeit nicht nur zu leben, sondern auch weiterzugeben und weiterzugehen. Unser Hotel ist ein Ort des Austauschs, an dem innovative Ideen für eine umweltbewusste Zukunft wachsen können. Wir setzen auf Transparenz und teilen unser Wissen auf verschiedenen Ebenen: Wir organisieren regelmäßig Veranstaltungen, die sich mit Themen wie Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und nachhaltigem Tourismus beschäftigen. Über Social Media, Blogartikel und Vorträge teilen wir Best Practices, unsere Herausforderungen und Erfolge. Wir kooperieren mit regionalen und internationalen Partnern, um innovative Konzepte zu entwickeln und gemeinsam zu lernen. Indem wir zeigen, wie nachhaltiges Wirtschaften im Hotelbetrieb aussehen kann – von der Klimaneutralität bis zur bewussten Gestaltung aller Abläufe – inspirieren wir andere, ähnliche Schritte zu gehen. Zusätzlich testen wir oft innovative Konzepte oder Produkte und ersparen anderen ein Risiko einzugehen, denn sie können direkt von unseren Erfahrungen profitieren!
DialogShift ist begeistert von eurer Arbeit und eurem Engagement. Umso stolzer macht es uns, dass auch unser Chatbot es an die Wall of Change geschafft hat! Sogar gleich zweimal: Einmal als Beitrag und einmal als digitaler Helfer, der auf dem umfassenden Blog Orientierung bietet. Wie trägt Chatbot Luise zu eurer Vision bei?
Chatbot Luise ist ein wichtiger Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie, weil er auf mehreren Ebenen Ressourcen schont und gleichzeitig das Gasterlebnis verbessert. Luise beantwortet Fragen rund um die Uhr – von Anfragen zur Anreise bis hin zu Tipps für einen nachhaltigen Aufenthalt. Das spart Papier für Infomaterialien und reduziert den Personalaufwand, den klassische Kommunikation erfordern würde. Dadurch haben unsere Mitarbeitenden mehr Zeit, sich um die Gäste vor Ort zu kümmern. Der Chatbot informiert unsere Gäste spielerisch über unser nachhaltiges Konzept – von der Kreislaufwirtschaft bis zu unseren CO₂-neutralen Angeboten – und gibt praktische Tipps, wie auch die Gäste nachhaltiger reisen und leben können. Dadurch wird die Schwelle noch niedriger, um selbst nachhaltiger zu handeln. Auf luise.eco können Nutzende gezielt nach bestimmten Maßnahmen fragen und dazu Informationen erhalten. Dadurch kann die Wall noch effektiver genutzt werden, um Inspiration zu finden und sich Wissen anzueignen.
Dass KI alles andere als ressourcenschonend arbeitet, beschäftigt uns natürlich. Ein vollkommener Verzicht auf KI ist jedoch für uns alle unrealistisch. Mehr dazu findet ihr in diesem Beitrag.
Und wie kommt Luise bei den Gästen an?
Unsere Gäste schätzen die schnelle, unkomplizierte Hilfe von Luise. Für viele ist der Chatbot oft „ein Schritt weniger“, um Informationen einzuholen. Sie müssen weder lange nach einer Information suchen noch anrufen oder eine Mail schreiben.
Das Hotel Luise zeigt, wie Innovation und Nachhaltigkeit in der Hotellerie zusammenfinden können. Die Wall of Change macht nachhaltige Maßnahmen sichtbar, während Chatbot Luise tapfer den Überblick behält, egal, wie viele Projekte und Asse das Hotel Luise noch im Ärmel hat. 😉 Ob Kreislaufwirtschaft, digitale Gästekommunikation oder kreative Upcycling-Ideen – das Hotel Luise bleibt nicht stehen.